SG-Roadmap BW 2.0: Workshop „Sektorkopplung konsequent denken“ am 05.05.22
Die Überarbeitung der Smart Grids-Roadmap Baden-Württemberg geht voran. Mehr als 100 baden-württembergische Akteure beteiligen sich am Prozess. Am 05.05.22 fand der dritte Online-Workshop statt.
Im Rahmen eines Konsultationsprozesses mit mehr als 100 Akteuren aus Baden-Württemberg wird derzeit an einer Neuauflage der Smart Grids-Roadmap Baden-Württemberg gearbeitet. Sie soll als überarbeitete Version 2.0 die gemeinsame Vision der Akteure für intelligente Energienetze in Baden-Württemberg enthalten und die Umsetzung von Smart Grids im Bundesland auf eine gemeinsame Basis stellen. Detaillierte Informationen zum Ablauf des Prozesses erhalten Sie hier.
Workshop „Sektorkopplung konsequent denken“
Am 05.05. fanden sich die beteiligten Akteure zu einem weiteren Online-Workshop zusammen, um das zweite Handlungsfeld „Sektorkopplung konsequent denken“ vertieft zu diskutieren. Während die Stromwende sichtbar vorankommt und häufig medial als „die Energiewende“ wahrgenommen wird, haben sowohl die Wärmewende (im Bestand wie auch im Neubau) als auch die Verkehrswende noch nicht die nötigen Fortschritte gemacht, um die Dekarbonisierung im notwendigen Zeitrahmen zu erreichen. Die intelligente Kopplung der verschiedenen Sektoren mittels Smart Grids ist notwendig, um die erneuerbar erzeugte Energie mit maximaler Effizienz zur Dekarbonisierung einzusetzen. Wie der Name des Handlungsfeldes impliziert, geht es hierbei darum, die Sektorkopplung bereits in frühe Planungsprozesse einzubeziehen – viel zu häufig werden die Energienutzungssektoren nicht integrativ, sondern jeweils für sich allein gedacht. Mit der Notwendigkeit, den Primärenergieverbrauch insbesondere im Wärmesektor in Zukunft nicht mehr durch fossile Energieträger zu bestreiten, kommt die Frage nach neuen Technologien zur Erzeugung (besonders durch Wärmepumpen) auf. Der Verkehrssektor rückt mit Stromern statt Verbrennern immer mehr in den Fokus und verlagert den Energietransfer in die Stromnetze. Weiterhin stellt sich die Frage, wie nachhaltig erzeugter (= “grüner“) Wasserstoff in das Energiesystem integriert werden kann.
Synergien bei der Energienutzung frühzeitig heben
- Sektorkopplung konsequent denken und planen: Energienutzung wird häufig getrennt nach Sektoren betrachtet. Um größtmögliche Synergien bei der Energienutzung zu erreichen, muss die Verknüpfung der Sektoren jedoch möglichst früh angelegt werden. Dies gilt auch für die Möglichkeit, die gekoppelten Sektoren im Rahmen der stromgetriebenen Energiewende als Last- und perspektivisch auch als Erzeugungsflexibilitäten für die Stabilisierung der Stromnetze zu nutzen. Die frühzeitige und integrative Planung ist sowohl für die Installation von Neuanlagen (z. B. bei der Erschließung neuer Quartiere) als auch bei der Nachrüstung des Bestandes (z. B. im Gebäudebereich bei der Wärmeerzeugung und der Nachrüstung von Wallboxen) notwendig. Nicht zuletzt in Anbetracht der knappen Zeit – bis 2030 gilt es schließlich, Millionen von Anlagen zu installieren – ist es notwendig, die Sektorkopplung durch eine passende Planung möglich zu machen.
- Integration der Sektoren auf technischer und organisatorischer Ebene: Die Sektorkopplung bedarf technischer Schnittstellen, welche es ermöglichen, die Anlagen zu verbinden und die Steuerung der angeschlossenen Komponenten aus den Sektoren Wärme, Strom und Mobilität sicherzustellen. Auch hier stellt die Interoperabilität eine große Herausforderung dar, größer noch als bei der Verbindung der Stromnetze (siehe Workshop „Netz und Markt“), da hier verschiedenste Anlagen zusammenwirken müssen. So verlief die Entwicklung der eingesetzten Technologien in den Sektoren bislang sehr heterogen, da ein Zusammenschluss nicht vorgesehen war. Die unterschiedlichen Steck-Anschlusssysteme von E-Mobilen sowie die unterschiedlichen Datenübertragungsprotokolle, welche die Integration von Wallboxen und Wärmeanlagen (wie z. B. Wärmepumpen) erschweren, sind nur zwei Beispiele. Gleichwohl stehen hierbei auch rechtliche und prozessorale Fragen auf der Agenda. Schließlich reicht die Datenübertragung nicht aus, Fragen der Datenverwendung und des Datenschutzes müssen ebenso im Vorfeld geklärt werden.
- Marktintegration der gekoppelten Sektoren: Nach der technischen Integration in die Netze stellt sich die Frage der wirtschaftlichen Nutzung und Optimierung. So kommen bei der Sektorkopplung, gegenüber einer reinen Flexibilitätenbetrachtung im Stromnetz, noch Markteffekte durch die unterschiedlichen Energieträger der Sektoren zustande. Es stellt sich zum Beispiel die Frage nach der Bepreisung der Energieträger, welche im Verkehrs- oder Wärmebereich nicht zwingend jener der Strommärkte entspricht. Dadurch ergeben sich sowohl differierende wirtschaftliche Effekte, je nachdem welche Flexibilitäten für die Netzstabilisierung genutzt werden, als auch unterschiedliche Effizienzgrade bei der Betrachtung des gesamten Energiesystems. Die Optimierung ist dabei stets so vorzunehmen, dass nicht nur punktuelle CO2-Bilanzen verbessert werden, sondern in der Gesamtbetrachtung die größtmögliche Effizienz erzielt wird.
- Integration von „grünem“ Wasserstoff: Wasserstoff werden große Potenziale bei der Dekarbonisierung des Energiesystems zugeschrieben. Wie sich dieser innerhalb des in der SG-Roadmap BW 2.0 betrachteten Zeitrahmens in die Energienetze integrieren lässt, wurde im Rahmen des Workshops angerissen. Es wurde deutlich, dass die größten Herausforderungen in der Bereitstellung ausreichender Mengen grünen Wasserstoffs sowie in der Installation neuer und der Umnutzung bestehender Gasleitungen liegt, die H2-kompatibel sind. Da die hierfür benötigten Zeiträume deutlich über den in der Roadmap anvisierten Zeitraum hinausgehen, gilt es, insbesondere die Verknüpfungspunkte mit den Strom-, Wärme- und Mobilitätssektoren so zu gestalteten, dass diese H2-ready sind, wenn die Nutzung von Wasserstoff Effizienzsteigerungen möglich macht.
Wie geht’s weiter?
Die Energiewende beginnt im Kopf. Ohne eine integrative Betrachtung der Energienutzung über die verschiedenen Sektoren hinweg wird die Energiewende deutlich länger brauchen und zudem höhere Kosten verursachen. Nur eine konsequente Sektorkopplung ermöglicht die Hebung von Synergien bei der regenerativen Erzeugung und dem Verbrauch von Energie. Die Kopplung der Sektoren mittels intelligenter Energienetze ist dabei Voraussetzung, um maximale Effizienz zu erreichen.
Die Ergebnisse dieses und der weiteren Workshops dienen der inhaltlichen Präzisierung der Meilensteine sowie der Zielsetzungen der Roadmap. Sie werden vom Roadmap-Team eingearbeitet und der gesamten Runde der Teilnehmenden als Textdokument zur Kommentierung und Ergänzung zur Verfügung gestellt. Der nächste Workshop am 19.05. befasst sich mit der Thematik „Reallabore“ sowie Möglichkeiten, diese vom Versuchs- in den Dauerbetrieb zu überführen.
Beteiligen Sie sich an der Roadmap
Sie möchten sich an der Aktualisierung der Smart Grids-Roadmap Baden-Württemberg beteiligen, sind aber noch nicht angemeldet? Dies können Sie noch nachholen. Wenngleich die ersten Workshops bereits stattfanden, haben Sie die Möglichkeit sich im E-Mail-Konsultationsprozess und bei den Folgeworkshops einzubringen. Alle weiteren Informationen zum Ablauf und der Anmeldung finden Sie hier: www.smartgrids-bw.net/roadmap