Der 11. Smart Grids-Kongress BW: „Auf dem Weg zum intelligenten Energiesystem“ am 01.12.2022 in Fellbach
Viele Smart Grids-Technologien wurden in den letzten Jahren bis hin zur Einsatzreife entwickelt. Unter der Leitfrage „Was geht, was geht (noch) nicht?" fand am 01.12.2022 der 11. Smart Grids-Kongress BW statt.
Die Möglichkeit, den seit 2012 jährlich stattfindenden Smart Grids-Kongress Baden-Württemberg wieder in Präsenz durchführen zu können, lockte mehr als 50 Personen aus der Energiewendecommunity am 01.12.2022 in die Schwabenlandhalle in Fellbach. Zusätzlich zu den beschränkten Teilnahmemöglichkeiten vor Ort wurde das Event live übertragen. Nachdem der Kongress die letzten zwei Jahre pandemiebedingt virtuell stattfand, erlaubte die diesjährige Präsenzveranstaltung wieder die Vernetzung mittels der so wichtigen informellen Gespräche bei Kaffee und Kuchen.
Inhaltlich bestätigte sich das Motto des Kongresses an vielerlei Punkten und in praktisch allen Diskussionen: Wir sind auf dem Weg zum intelligenten Energiesystem, bis dahin ist jedoch noch sehr viel zu tun: Wir müssen jetzt handeln.
Block 1: Auf dem Weg zum intelligenten Energiesystem
Der erste Themenblock verfolgte das Ziel, den Status Quo darzustellen, die Herausforderungen zu diskutieren und Ansatzpunkte für Lösungen zu skizzieren. Wie gewohnt führte der bekannte und mit dem Themenfeld bestens vertraute Moderator Markus Brock durch das Programm.
Dr. Michael Münter, Ministerialdirektor des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg brachte in seiner Eröffnungsrede die große Relevanz der intelligenten Ertüchtigung der Energienetze zum Ausdruck. Nicht zuletzt deshalb begleitet das Land die Smart Grids-Aktivitäten seit mehreren Jahren und förderte die Erstellung einer neuen Smart Grids-Roadmap für Baden-Württemberg.
Die Präsentation der Smart Grids-Roadmap Baden-Württemberg 2.0 erfolgte durch Projektleiter Christian Schneider. Die Roadmap zeigt die Leitplanken für die Umsetzung intelligenter Energienetze bis 2030 auf. Für jedes der vier Handlungsfelder „Netz und Markt Verbünden“, „Sektorkopplung konsequent denken“, „Forschungsförderung und Reallabore“ sowie „Partizipation auf allen Ebenen ermöglichen“ wurden Zielsetzungen und Meilensteine definiert. Diese wurden in einem 13 Monate dauernden Prozess von mehr als 140 Teilnehmenden aus dem Kreis der Energiewendeakteure in Baden-Württemberg unter der Moderation von SmartGridsBW erarbeitet.
Christian Schneider (Projektleiter bei der Smart Grids-Plattform Baden-Württemberg e.V.) stellt im Rahmen des 11. Smart Grids-Kongress Baden-Württemberg „Auf dem Weg zum intelligenten Energiesystem“ am 1. Dezember 2022 in Fellbach die neue Smart Grids-Roadmap Baden-Württemberg 2.0 vor.
Die anschließende Diskussionsrunde, bestehend aus Dr. Michael Münter (Ministerialdirektor und Amtschef im Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg), Beatrix Brodkorb (Leiterin Unterabteilung Stromnetze im Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz), Tobias Egeler (Leiter Netzwirtschaft TransnetBW GmbH und Vorstand Smart Grids-Plattform Baden-Württemberg), Prof. Dr. Sabine Löbbe (Professorin für Energiewirtschaft und Energiemärkte Hochschule Reutlingen und Mitglied im Klima-Sachverständigenrat) und Torsten Höck (Geschäftsführender Vorstand Verband für Energie- und Wasserwirtschaft Baden-Württemberg), widmete sich sowohl der aktuellen Energiekrise als auch der Frage, wie die Gestaltung der Energienetze nun mit dem notwendigen Tempo vorangetrieben werden kann, um die Resilienz der Netze zu sichern und gleichzeitig das Ziel der Dekarbonisierung des Energiesystems effizient zu erreichen. Gleichzeitig gilt es, die Zugänglichkeit für die Bevölkerung zu verbessern. Die Nutzungsmöglichkeiten müssen einfach sein und gleichzeitig Mehrwerte versprechen.
Block 2: Impulsrunde – Was geht, was geht (noch) nicht?
Der zweite Themenblock widmete sich den konkreten Entwicklungen im Bereich intelligenter Energienetze und der Frage, wie diese praktisch umgesetzt werden können.
Marion Nöldgen (Managing Director Tibber Deutschland GmbH) führte in die Möglichkeiten der Nutzung variabler Energietarife ein – bis hin zu Preisen, die in kurzen Intervallen auf Basis aktueller Marktpreise über das Smart Meter abgerechnet werden. Mit dem Vortrag adressierte Frau Nöldgen einen der für Endkundinnen und -kunden wichtigsten Gründe für den Rollout von Smart Metern: Die Möglichkeit Energiekosten durch variable Tarife zu senken.
Bouke Stoffelsma (Vorstand Hausheld AG) zeigte die Möglichkeiten eines straßenweisen Rollouts von Smart Metern auf, um diesen mit geringerem Zeiteinsatz wirtschaftlich durchführen zu können. Ebenso zeigte der Vortrag auf, wie Smart-Meter-Signale mittels Nahfunktechnik kumuliert werden können, um dann über eine reduzierte Anzahl von Smart Meter Gateways mit den Messstellenbetreibern zu kommunizieren.
Carmen Exner (Leiterin Innovationsprojekt flexQgrid Netze BW GmbH) präsentierte das Netzlabor „flexQgrid“. In dem vom BMWK geförderten Projekt werden innovative Lösungen für Smart Grids entwickelt und getestet. Besonders die Rolle der Flexibilitäten im Verteilnetz wird dabei untersucht, und Lösungen zu deren Bereitstellung wie auch deren Orchestrierungen. Der Einsatz der Flexibilitäten im Netzengpassmanagement (z. B. durch die Netzampel) wie auch deren wirtschaftliche Hebung bis hin zu Privathaushalten werden dabei erprobt.
Dr. Manuel Lösch (Abteilungsleiter FZI Forschungszentrum Informatik und Gründer Spin-off InnoCharge) gab einen Einblick in die praktische Anwendung von Smart Grids-Technologien am Beispiel der Ladung von E-Fahrzeugen. Dort zeigte er verschiedene Szenarien zu netz- oder systemdienlichen bzw. wirtschaftlichen Nutzungsmöglichkeiten bei der intelligenten Orchestrierung von Ladevorgängen auf.
In Summe zeigte der 11. Smart Grids-Kongress Baden-Württemberg sehr gut auf, dass noch viel zu tun ist und dass die Zeit drängt. Die erste Vortragsrunde mit der Roadmap-Präsentation und der Diskussionsrunde zeigten die Bedarfe und Herausforderungen sowie die Notwendigkeit raschen Handelns auf. Während bereits viele Lösungen sichtbar sind (wie besonders die zweite Vortragsrunde zeigte) gilt es nun, diese in die Fläche zu bringen – möglichst schnell und gemeinsam.