Rückblick: Smart Grids-Gespräche – „Chancen aus dem Osterpaket“ am 17.11.2022
Das Osterpaket der Bundesregierung war Thema unserer letzten Smart Grids-Gespräche am 17.11.2022. Lesen Sie hier unseren Nachbericht.
Die freigegebenen Vortragsfolien finden Sie hier zum Download.
Das Osterpaket der Bundesregierung ist die größte energiepolitische Gesetzesnovelle seit Jahrzehnten. Doch welche Neuerungen beinhaltet es konkret? Welche Chancen ergeben sich daraus und welche Maßnahmen werden bereits erarbeitet? Und zu welchen Themen sind weitere Novellierungen erforderlich? Darüber sprachen wir bei unseren letzten Smart Grids-Gesprächen am 17.11.2022 mit Experten aus Politik und Energiewirtschaft.
Moderiert wurde die Veranstaltung von Dr. Jann Binder, Vorstandsvorsitzender der Smart Grids-Plattform Baden-Württemberg e.V., welcher das Wort nach einer kurzen Einführung an Jonathan Wochner (Referent im Referat 65 „Netze und Speicher“, Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg) übergab. Herr Wochner betonte, dass die Energiewende nun mehr denn je vorangetrieben werden müsse. Wichtig sei vor allem der Zubau von Erneuerbaren, der Ausbau der Stromnetze sowie die Digitalisierung des Energiesystems.
Warum die Energiewende eine dezentrale, vernetzte und sektorübergreifende Energiewirtschaft braucht, thematisierte Robert Busch (Geschäftsführer, Bundesverband Neue Energiewirtschaft e.V.) in seinem Vortrag. So sei die neue Energiewirtschaft dezentral, digital, CO2-arm und brauche zudem intelligente Netze für einen effizienten Betrieb. Auch politische Fragestellungen, wie die Folgen des Merit-Order-Prinzips in Zeiten der Gasknappheit oder die Frage nach der Resilienz von Lieferketten im Hinblick auf geopolitische Unsicherheiten, sprach Herr Busch an. Zu den Arbeitsschwerpunkten der kommenden Jahre zählen unter anderem eine Anpassung des Strommarktdesigns, eine Netzstrukturentgeltreform sowie ein Ausbau der Ladestruktur für EV.
Im Anschluss stellte Dr. Holger Krawinkel (Stabsabteilungsleiter Innovation, MVV Energie AG) das Konzept „Zusammenschluss zum Eigenverbrauch (ZEV)“, welches bereits in der Schweiz Anwendung findet und stellte vor, wo hierbei auch Potenziale für Deutschland liegen. So sei die Rentabilität des deutschen Mieterstrommodells aufgrund der hohen Verwaltungskosten erst ab 25 Wohneinheiten gegeben. Beim ZEV steige die Rentabilität mit einem hohen Eigenverbrauchsanteil, da die Preisvorteile aus dem Benchmark zu den Grundversorgungskosten auf Eigentümer und Mieter umgelegt werden. Was die Umsetzung von Quartierslösungen in Deutschland betrifft, so rufen die komplexen technischen und unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen enorme Unsicherheiten hervor. Das Management des ZEV wird dahingegen durch unterschiedliche Serviceangebote (auch von EVUs) unterstützt. So ermöglicht das Konzept insgesamt eine bürgernahe Umsetzung von Energiewendemaßnahmen und kann Deutschland in einigen Punkten als Inspiration dienen.
Welche Herausforderungen die geplante Beschleunigung der Energiewende in Deutschland für Verteilnetzbetreiber bereithält, zeigte Dr. Martin Zimmerlin (Systemplanung Strom, Technisches Anlagenmanagement, Netze BW GmbH) im nächsten Vortrag auf. So führen die PV-Pflicht sowie der Hochlauf der Elektromobilität zu einer signifikanten Steigerung von Einspeiseanfragen und damit zu zunehmend ausgelasteten Netzen und aufwändigeren Netzberechnungen. Weiterhin steige die Anzahl der Einspeiseanfragen für Freiflächen-PV. Hierfür sei in den Mittelspannungsnetzen und Umspannwerken jedoch oft keine freie Kapazität mehr vorhanden und der gesamtwirtschaftlich günstigste Netzverknüpfungspunkt oft weit entfernt. Viele Anfragen müssen deshalb aufgrund von Unwirtschaftlichkeit storniert werden. Deshalb sei eine vorausschauende Netzplanung und ein Ausbau der Netze die Grundlage einer erfolgreichen Energiewende. Hierfür seien modernere, schlankere Planungs- und Genehmigungsverfahren nötig, ebenso wie ein auskömmlicher Finanzierungsrahmen für die Netzbetreiber.
Im letzten Vortrag stellte Thomas Nordmann (TNC Consulting AG) vor, welche Optionen für eine schnellere und netzdienliche Photovoltaik-Marktentwicklung es für Quartiere nach dem Schweizer Modell gibt. Als Inspiration für Deutschland führte auch Nordmann den ZEV an. Dieses, hinter dem Netzanschlusspunkt liegende Managementsystem erlaube eine Optimierung des Eigenverbrauchs bei gleichzeitig netzdienlichem Verhalten. Herr Nordmann zeigte auf, wie ZEV durch die schweizerische Behandlung von Quartieren (und deren Betrachtung über einen einzigen Netzanschlusspunkt) für das gesamte Areal netzdienlich und gleichzeitig verbrauchsoptimierend eingesetzt werden kann. Zudem könne ZEV helfen, den PV-Eigenverbrauch zu erhöhen, und ermögliche neue Geschäftsmodelle, Produkte und Dienstleistungen.
Während der gesamten Online-Veranstaltung konnten die Teilnehmenden im Chat und über ein Frage-Tool Fragen stellen und priorisieren. Diese wurden zwischen den Vorträgen und im Abschlussplenum von den Referenten beantwortet. Wir freuen uns sehr über die erfolgreiche Veranstaltung und danken allen Referenten für die spannenden Vorträge sowie den Teilnehmenden für die vielen Fragen und die angeregte Diskussion.
Die freigegebenen Vortragsfolien finden Sie hier zum Download.