SG-Roadmap BW 2.0: Zweiter Workshop „Netz und Markt verbünden“ am 07.04.22
Über 100 baden-württembergische Akteure beteiligen sich bereits an der Überarbeitung der Smart Grids-Roadmap Baden-Württemberg. Am 07.04.22 fand der zweite Online-Workshop statt.
Die Neuauflage der Smart Grids-Roadmap Baden-Württemberg von 2012/13 wird derzeit in einem gemeinsamen Konsultationsprozess von mehr als 100 Akteuren in Baden-Württemberg gestaltet. Ziel ist es, die gemeinsame Vision der Akteure für intelligente Energienetze zu formulieren, um so die Umsetzung von Smart Grids in Baden-Württemberg auf eine gemeinsame Basis zu stellen. Die Revision der Roadmap befasst sich nun, in Fortführung der vorigen Roadmap-Version, nicht mehr mit der Entwicklung einzelner Technologien, sondern mit deren der Implementierung in der Fläche. Dieser Schritt wurde im vergangenen Jahr bei der Erarbeitung einer Empfehlung für die Roadmap-Überarbeitung als wichtigster inhaltlicher Blickwinkel der Neuauflage definiert.
Die Überarbeitung der Roadmap wird als E-Mail-Konsultationsprozess durchgeführt. Dazwischen finden sich die insgesamt sechs Workshoprunden, um den schriftlichen Input und die daraus entstandenen Inhalte zu diskutieren. Nachdem der Kickoff-Workshop am 17.02. einen Überblick über die Roadmap insgesamt und die bis zu jenem Zeitpunkt erfolgten Inputs darstellte, widmen sich die folgenden Workshops nun der tiefergehenden Arbeit an den jeweiligen Handlungsfeldern.
Workshop „Netz und Markt verbünden“
Am 07.04. fand der Workshop des Handlungsfeldes „Netz und Markt verbünden“ statt. Das Handlungsfeld befasst sich insbesondere mit der Gestaltung der Energienetze als zentralem Verknüpfungspunkt der Energiewende. Durch den starken Ausbau der erneuerbaren Energien und ihren Anschluss an die Verteilnetze, die vielfache Integration von Ladepunkten für E-Mobile sowie von Wärmepumpen stellt die stromgetriebene Energiewende große Anforderungen an die Energienetze. Die hierfür notwendige technische Ausgestaltung, die Organisation des weitläufigen Rollouts und nicht zuletzt der rechtliche Rahmen, der eine wirtschaftliche Nutzung erst ermöglicht, wurden in der Runde aus dem Kreis der Roadmap-Beteiligten vertieft diskutiert.
Die übergreifenden Herausforderungen, die allgemein im Roadmap-Prozess diskutiert wurden, zeigen sich beim Handlungsfeld „Netz und Markt verbünden“ in großem Maße: Zeitmangel und ein absehbarer Mangel an benötigten Fachkräften. Der Faktor Zeit ist im Handlungsfeld „Netz und Markt“ – wie bei allen Energiewendemaßnahmen – besonders kritisch: Da viele regulatorische Anpassungen nötig sind, damit die verfügbaren Technologien netzdienlich und dabei auch wirtschaftlich eingesetzt werden können, werden einige Gesetzesanpassungen notwendig – die erfahrungsgemäß großen Vorlauf benötigen. Auch die Installation der Geräte selbst benötigt Zeit: Mit insgesamt mehreren Millionen einzelner Gerätschaften, die zu verbauen sind, und unter der sich abzeichnenden Randbedingung knapper Fachkräfte ist Zeit die mit Abstand knappste Ressource. Der Personalmangel verschärft dies noch. So ist nicht nur Installationspersonal für die Gerätschaften relevant, genauso entsteht durch die Digitalisierung und Implementierung von IT-Systemen in die Energieversorgung ein beträchtlicher Mehrbedarf an Fachpersonal.
Netz und Markt verbünden – Maßnahmen, Zielsetzungen und Meilensteine
Im Workshop am 07.04. wurden in drei Arbeitsgruppen die Themen Netztransparenz, (teil-)automatisierte Netzführung sowie die wirtschaftliche Hebung von Flexibilitäten vertieft diskutiert. Ziel der Diskussion war dabei, die bislang aufgenommenen Ziele und Maßnahmen zu vervollständigen sowie diese mittels konkreter zeitlicher Meilensteine für die Umsetzung der Roadmap zu verorten.
- Netztransparenz schaffen: Um in Anbetracht der knappen Zeit bis 2030 die „Black Box“ in der Niederspannung aufzulösen ist ein strukturiertes Vorgehen erforderlich: Das System muss analysiert werden, um die Netztopologien bezüglich der Lastflüsse abzubilden und strategisch zu planen, wie die Netztransparenz effizient erreicht werden kann. Da die Kapazitäten für den Rollout von Smart Metern begrenzt sind und es weiterhin nicht notwendig ist, jede Ortsnetzstation einzeln zu erfassen, stellt sich vielmehr die Frage: Wo kann die Messtechnik sinnvoll eingesetzt werden, um eine möglichst große Abdeckung zu erreichen? Der Rest kann anschließend statistisch modelliert werden, um so Netztransparenz bei gleichzeitig effektivstem Ressourceneinsatz zu erreichen.
- (Teil-)automatisierte Netzführung: Um die Netzführung an die größere Volatilität der erneuerbaren Einspeisung in die Energienetze anzupassen und die Komplexität des Energiesystems hierbei zu reduzieren, wird das Netz teilautomatisiert. Dies beinhaltet sowohl die Netzführung jedes einzelnen Betreibers als auch die übergeordnete Abstimmung über mehrere Netzebenen und damit Verantwortlichkeitsbereiche hinweg. Um dies umzusetzen, ist besonders die Interoperabilität der verschiedenen Netze sicherzustellen. Die beinhaltet die technische Kompatibilität der Datenschnittstellen der verschiedenen Netzbetreiber, die Klärung rechtlicher Fragen des Datenhandlings und die Möglichkeit der Systeme Steuerungsanforderungen zu übertragen.
- Netzdienliche Flexibilitäten wirtschaftlich heben: Die dritte Gruppensession „Netzdienliche Flexibilitäten wirtschaftlich heben“ befasste sich mit den Maßnahmen und Zielsetzungen, um sowohl Last- als auch Einspeiseflexibilitäten bereitzustellen. Deren netzdienlicher Einsatz soll in Zukunft durch eine wirtschaftliche Hebung ermöglicht werden. Um diese Flexibilitäten nutzbar zu machen, ist die Integration von Speichersystemen, der Wärmegewinnung, der Elektromobilität und perspektivisch auch der Wasserstoffnetze relevant. Um die Hebung der Flexibilitäten durchzuführen, bedarf es der weitgehenden Netztransparenz und der teilautomatisierten Netzführung, um die Flexibilitäten in immer größerem Maßstab in die Netzführung einzubinden.
Wie geht’s weiter?
Ein Teilnehmer brachte auf den Punkt, was zu jedem Zeitpunkt bei der Gestaltung von Energiewendesystemen präsent sein muss: Die Transformation der Energieversorgung- und Nutzung muss immer im Gesamtzusammenhang gesehen werden. Auch die Gestaltung einzelner Elemente und die individuelle Optimierung müssen immer in Bezug auf ihre Wirkungen im Energiesystem insgesamt betrachtet werden. So zeigten sich eben beim Workshop „Netz und Markt verbünden“ an vielen Stellen die thematischen Anknüpfungspunkte. Der nächste Workshop des Roadmap-Prozesses widmet sich am 05.05. genau diesem Thema: „Sektorkopplung konsequent denken“. Die Ergebnisse des Workshops „Netz und Markt verbünden“ werden in der Zwischenzeit in das Roadmap-Dokument eingepflegt. Dazu werden die Meilensteine sowie die Zielsetzungen und Maßnahmen inhaltlich präzisiert und an den Kreis der Teilnehmenden verteilt. Der Workshop am 05.05. greift dann den Faden wieder auf und vertieft die Verknüpfung der Stromnetze mit den weiteren Sektoren der Energienutzung.
Beteiligen Sie sich an der Roadmap
Sie möchten sich gerne an der Aktualisierung der Smart Grids-Roadmap Baden-Württemberg beteiligen, sind aber noch nicht angemeldet? Das können Sie gerne auch jetzt noch machen. Wenngleich die ersten Workshops bereits stattfanden, haben Sie jederzeit die Möglichkeit sich zu den Themen weiterhin im E-Mail-Konsultationsprozess und bei den Folgeworkshops einzubringen. Alle weiteren Informationen zum Ablauf und die Anmeldung finden Sie hier: www.smartgrids-bw.net/roadmap